Bericht der 34. GHz-Tagung Dorsten 19. Februar 2011
Mit großer Erleichterung berichtete Tagungsleiter Peter Hörig, DL4BBU, gleich bei der Begrüßung der Teilnehmer, dass es in diesem Jahr wieder ein volles Vortragsprogramm geben wird. Das Dilemma des Vorjahres, nicht genügend Vorträge zu haben, war also glücklicherweise nur ein "Ausrutscher", der sich nicht wiederholt hat.
Wie immer wurde das Treffen vom DARC OV Herrlichkeit Lembeck, N38, in Zusammenarbeit mit dem DARC Distrikt N und der VHS Dorsten organisiert und über 180 Besucher registriert.
Gleich nach der Vorstellung der Teilnehmer und einer kurzen Begrüßung durch den VUS-Referenten des DARC Jochen Berns, DL1YBL, nahm der DARC-Referent UKW-Funksport, Martin Henz, DL5NAH, die heiß ersehnte Auszeichnung der Sieger in den drei Wertungskategorien des UKW-Contest-Pokals vor - wie immer verbunden mit einer statistischen Analyse des vergangenen Contestjahres. Erwähnenswert ist, dass Martin organisiert hat, dass die Pokale ganz neu "designed" wurden - quasi als Ansporn für noch höheren Einsatz beim Kampf um die begehrten Pokale.
Dass das Vortragsprogramm wie von Jürgen Dahms, DC0DA, eröffnet wurde, hat schon Tradition, da Jürgen immer der erste Einsender eines Vortrages ist. Dieses Mal berichtete er über "betriebstechnische Erfahrungen oberhalb 100 GHz" - speziell vom 122 GHz-Band. Neben der Auswahl der für dieses Band noch geeigneten Dioden und Verbesserungen des Mischeraufbaus beschrieb er die Besonderheiten der Betriebstechnik auf diesem Band. Zum Abschluss seines Vortrages demonstrierte er diese den Anwesenden "live", indem er eine kurze Video-Sequenz von dem weltrekordverdächtigen QSO zwischen OE5VRL und OE3WOG über sagenhafte 55 km in SSB (!) abspielte.
Martin Henz, DL5NAH, hatte sich bereit erklärt, zusätzlich zu seiner "üblichen" Statistik-Betrachtungen der Conteste einen Vortrag zu halten, in dem er anhand der jeweiligen Gesamtergebnisse eines Contestes Möglichkeiten aufzeigte, wie eine Contest-Station zielgerichtet zu verbessern ist und ohne zusätzlichen technischen Aufwand mehr Punkte zu erreichen sind. Für ausgewählte Contest-Stationen demonstrierte er anhand seiner Statistiken, welche Verbesserungen möglich sind.
Ralf Wehling, DF6VW, berichtete über das Einbinden eines "Perseus"-SDR-RX in eine GHz-Contest-Station (10 und 24 GHz).Ralf wies zu Recht darauf hin, dass es langsam an der Zeit ist, die schon über 40 Jahre alten (Analog-) Nachsetzer für die GHz-Bänder endlich durch moderne Konzepte zu ersetzen. Software Defined Radio (SDR) bietet neue Einsatzmöglichkeiten nicht nur für die Kurzwellenbänder. Es gibt bereits viele kommerzielle- und nichtkommerzielle Hardware, die auch für uns Mikrowellen-Amateure geeignet ist. Beispiele sind - neben dem "Perseus" - "Lima-SDR" und "FunCube-SDR". Anhand einer ganzen Reihe von grafischen und akustischen Darstellung von Signalen aus dem "Contest-Getümmel" und bei Regenscatter zeigte Ralf beeindruckend, welche immensen Vorteile ein SDR-RX gegenüber den "rentenreifen" Analog-Nachsetzern hat.
In der folgenden Mittagspause gab es neben den "persönlichen QSOs" die Möglichkeit, mitgebrachte Selbstbau-Geräte zu messen. Ein besonderer Dank gilt den OMs DK2FD mit seiner Crew, DF9IC und DG6OBE, die ihre Messgeräte zur Verfügung stellten. Damit stehen nun wieder umfangreiche Messmöglichkeiten zur Verfügung, wie wir sie schon einmal in den achtziger Jahren hatten. Eine sehr positive Entwicklung, die die Tagung noch attraktiver machen wird.
Nach der Mittagspause gab es einen weiteren Vortrag zu SDR. Markus Heller, DL8RDS, berichtet über den Vormarsch der SDR-Technik auf dem Gebiet der digitalen Signalaufbereitung anhand des USRP2. Dieses amerikanische SDR-Gerät, das bereits als Sender- und Empfänger genutzt werden kann, erlaubt die Implementierung von Verstärkern, Mischern, Filtern, Oszillatoren, usw. ausschließlich mithilfe von Software. Man fühlte sich schon wie in einem Science-Fiction-Film, als Markus quasi in Echtzeit einen RX am Monitor aufbaute, indem er sich aus Software-Bibliotheken einzelne Baugruppen mit einem Mausklick zusammensuchte und diese nur unter Benutzung der Software lötkolbenfrei zusammenbaute. Jeder auch noch so "analog-begeisterter" Mikrowellenfan merkte spätestens jetzt, dass der Einzug der SDR-Geräte nicht mehr aufzuhalten ist. Ein kleiner Trost bleibt den "Analogen" aber - überall wo Leistung erforderlich ist (z. B. PA), funktioniert die Digitaltechnik (noch) nicht.
Dirk Fischer, DK2FD, brachte die Zuhörer mit seinem Beitrag über SHF-Leistungsverstärker mit Transistoren wieder in die gewohnte Analogwelt zurück, was aber nicht heißen soll, dass er über eine "altmodische" Technik referierte. Nein, dank der stürmischen Entwicklung in der professionellen HF-Technik sind seit kurzer Zeit preisgünstige Transistoren mit enormen Leistungen auch für uns Amateure verfügbar. Ein einzelner Transistor kann im 23cm- oder 13 cm-Band mehr als 100 W erzeugen und im Gegensatz zu Röhren lassen sich Transistoren unproblematischer parallel schalten. So liegen selbst im Amteurfunkbereich bereits Erfahrungen vor, wie man eine Hochleistungs-PA für die Mikrowellen-Bänder mit bis zu 16 Transistoren aufbauen kann. Neben dieser positiven Entwicklung gibt es aber ein Problem, das nicht zu vernachlässigen ist - die Kühlung der Transistoren bzw. Endstufen. Dirk konnte zeigen, dass der effektivste Weg die Wasserkühlung ist, wobei der Aufwand nicht erheblich höher ist, als eine Kühlung in herkömmlicher Technik.
Eine äußerst interessante "Lehrstunde" gab uns Wolf-Henning Rech, DF9IC, mit seinem Vortrag über "Untersuchungen an Rauschquellen". Wolf-Henning verstand es beeindruckend ein so "trockenes" Thema wie die richtige Rauschmessung an Verstärkern sowohl theoretisch als auch praktisch umzusetzen. Ausgehend von den theoretischen Erläuterungen stellte er zwei Eigenbau-Rauschquellen vor, die ausgerüstet mit Allerweltsbauteilen (simple Zenerdioden und Kleinleistungs-Transistoren) Messungen der Rauschzahl bis zu 6 GHz zulassen und einen Vergleich mit kommerziellen Rauschquellen nicht scheuen müssen.
In einem zweiten Vortrag berichtete Wolf-Henning Rech, DF9IC, über ein aktuelles Bauprojekt der Contest-Gruppe DR9A, wobei er gleich eingangs feststellte, dass das erst Teil 1 des Projektes sei. Das Bauprojekt ist ein geplanter Mastverstärker für 23 cm mit allen erforderlichen Baugruppen, wie Vorverstärker, Leistungsmesser und PA, die - und das ist die besondere Herausforderung - in ein (ehemaliges) UMTS-Gehäuse passen müssen. Es war faszinierend zu erleben, wie Wolf-Henning diese Anforderung in die Praxis umgesetzt hat, da er wegen der auferlegten Größenbeschränkung auf keine kommerziellen Baugruppen zurückgegriffen werden konnte. Die bereits fertiggestellten Baugruppen wurden im Detail erläutert, wobei der Bau der PA mit 8 Stück MRF 286 (geplante Sendeleistung von 400 W!) durchaus schon kommerziellen Ansprüchen genügt.
Ein großer Teil der Steuerung des Mastverstärkers erfolgt über eine universell einsetzbare Telemetrie- und Fernwirkgruppe, deren Entwicklung Alexander Kurpiers, DL8AAU - ebenfalls ein Mitglied der Contest-Gruppe DR9A - als letzter Vortragender beschrieb. Es war spannend mitzuerleben, wie Alexander die notwendigen Anforderungen an die Steuerungs-Baugruppe schrittweise entwickelte und diese dann in Digitaltechnik umsetzte. Da während eines Contests nur im eingeschränkten Maße Reparaturen möglich sind, ergaben sich weitere Forderungen, die ebenfalls berücksichtig werden mussten und das Projekt damit noch komplexer machten. So mussten sich die Bauteile an den Ein- und Ausgängen leicht tauschen lassen, womit die Anwendung von SMD-Bauteilen ausschied und nur gesockelte DIL-ICs verwendet werden konnten. Aber auch diese Schwierigkeiten wurden mit einer Leichtigkeit gelöst, so dass man als Zuhörer Lust bekam, an der Entwicklung eines solches Projekts mitzuhelfen.
In der abschließenden, wie immer von Peter Raichle, DJ6XV, geleiteten Podiumsdiskussion, wurde einhellig die Vielfältigkeit der Themenbereiche - insbesondere auch die Aufnahme der SDR-Technik in das Vortragsprogramm - und das Engagement der Referenten gelobt und zum Ausdruck gebracht, dass das Niveau der Tagung wieder zu "alter Stärke" gefunden hat. Besonders lobend wurde erwähnt, dass die Möglichkeit der Messung an mitgebrachten Geräten/Baugruppen noch weiter als im Vorjahr ausgebaut wurde und somit dieses frühere "Standbein" der Tagung wieder auflebt.
Alle Teilnehmer werden aufgerufen, an unseren Webmaster Ralf Benninghoff, DG6EA, Fotos von der Tagung zu senden, da diese auf der Webseite veröffentlicht helfen, auch den Nichtteilnehmern einen Eindruck von der Tagung zu vermitteln.
Alle Vorträge/Beiträge sind wie immer in einem Tagungsband zusammengefasst, der zum Selbstkostenpreis von 8,- € abgegeben wird (Details zur Bestellung sind auf der Homepage www.ghz-tagung.de zu finden). Weiterhin sind unter dem Menüpunkt "Rückblick" auf der Internetseite alle verfügbaren Tagungsbände inklusive der jeweiligen Inhaltsverzeichnisse aufgelistet.
Heinrich Frerichs, DC6CF, der - fast unglaublich - alle bisherigen Tagungen ohne Unterbrechung besuchte, hat mit seiner Begleitmannschaft wie immer "gefilmt". Interessenten für seine Video-/DVD-Aufzeichnungen wenden sich bitte direkt an ihn: Heinrich Frerichs, DC6CF, Süderstraße 12, D-26835 Holtland.
Peter, DL4BBU
letzte Aktualisierung: 15.05.2011