Bericht der 40. GHz-Tagung Dorsten 11. Februar 2017
Auch ein plötzlicher Rückfall in den Winter konnte ca. 160 "Gigahertzler", darunter wieder OMs aus HB, OE, ON, PA0 und OZ, nicht davon abhalten, zum 40. Mal nach Dorsten zu kommen! In seinem Grußwort an die Tagung ließ es sich der Bürgermeister Tobias Stockhoff nicht nehmen, auf dieses "kleine" Jubiläum in seiner Laudatio einzugehen, indem er daran erinnerte, dass sich zur Geburtsstunde der Tagung am 11. April 1977 ca. 50 begeisterte Funkamateure versammelt hatten, um über "Gunnplexer auf 10 GHz" zu fachsimpeln. Aus dieser "Urzelle" entwickelte sich über die Jahre eine Plattform für den Austausch des Fachpublikums auf dem Gebiet der Mikrowellen, die letztlich zu dem hohen technischen Standard geführt hat, den wir heute antreffen. Aus den anfänglich doch recht simplen FM-Stationen auf 10 GHz sind 40 Jahre später Stationen geworden, die sogar auf 24 GHz via EME funken!
Auch nach 40 Jahren noch ungebrochenes Interesse
Nach der traditionellen Vorstellungsrunde der Teilnehmer, vom Tagungsleiter Peter Hörig, DL4BBU, durchgeführt, erfolgte die Vergabe des Förderpreises der GHz-Tagung, der in diesem Jahr zum zweiten Mal vergeben wurde. Die Auszeichnung erhält Philipp Prinz, DL2AM, für seine jahrzehntelange Aktivität und bahnbrechenden Entwicklungen auf den GHz-Bändern, den er wegen gesundheitlicher Probleme in Abwesenheit erhielt. Die Verleihung erfolgte stattdessen virtuell - die Besucher sahen ein Video, aufgenommen vom Sohn von Klaus Roggenkamp, DK3HA, in dem der Preis Philipp in seinem Shack im heimischen Leutkirch übergeben wurde.
Wie in den Vorjahren wurde die GHz-Tagung als Plattform zur Übergabe der UKW-Contestpokale für das Jahr 2016 genutzt. In diesem Jahr verlieh DARC-Vorstandsmitglied Christian Entsfellner, DL3MBG, die Pokale. Zusätzlich erläuterte er die neue Auswertesoftware unter http://contest.darc.de, die nach der Umstrukturierung des ehemaligen UKW-Funksportreferates nun zum Einsatz kommt. Aus den Diskussionsbeiträgen der anwesenden UKW-Contestteilnehmer war zu erkennen, dass noch kleinere Verbesserungen softwareseitig durchzuführen sind, die - so das Versprechen von DL3MBG - in nächster Zeit berücksichtigt werden.
DL3MBG bei der Ehrung der Contest-Sieger
Nachdem die Ausgezeichneten die Bühne des Vortragssaales verlassen hatten, galt die Aufmerksamkeit der Teilnehmer den Vorträgen. In diesem Jahr wurden acht rein technische Vorträge eingereicht und sind im Tagungsband nachzulesen.
Als Erster referierte Dominique Fässler, HB9BBD, über 10-GHz-LNAs, deren Aufbau und der erreichten Rauschzahlen. Dabei erkannte er einen gewissen Trend: Früher bauten die GHz-Techniker "drauflos" und im Anschluss wurde die Schaltung in einem langen Prozess so "hingefriemelt", bis die geringste Rauschzahl erreicht war. Heute wird jedoch die Methode "simulieren, bauen, staunen" angewendet, wonach die LNAs mit Softwareprogrammen so simuliert werden, dass ein abschließender Nachabgleich vollkommen entfällt.
Dirk Fischer, DK2FD, referierte zunächst über Grundlagen des SDR, um dann überraschend eine erste Version des SDR-IF-Nachsetzers zu präsentieren. Das Gerät mit der Bezeichnung "DF-202" ist ein kleiner 2 m-Portabel-Transceiver, der speziell für den Anschluss von SHF-Transvertern entwickelt worden ist.
Die anschließende Mittagspause konnte fakultativ für Messungen an den mitgebrachten Baugruppen bzw. Geräten genutzt werden. Jochen Frieling, DG6OBE, Dirk Fischer, DK2FD und Jos Disselhorst, PA3ACJ, hatten dazu Messplätze speziell für den GHz-Bereich bereitgestellt, wie Network- und Spektrum-Analyzer bis 18 GHz, Wobbler bis 24 GHz und Leistungsmessung bis 47 GHz.
Stand der Jugendlichen der EAGR mit ihren Eigenbau-10 GHz-Transvertern
Die Jugendgruppe (EAGR) des DARC OV N38/DN1GHZ, betreut von Klaus Roggenkamp, DK3HA, hatte wieder Hilfseinrichtungen angefertigt, die nützlich für den Einsatz bei den GHz-Contesten sind. Ganz besonderes zu erwähnen ist, dass drei Jugendliche der Gruppe ihr Versprechen vom Vorjahr wahr gemacht haben, indem sie jeweils eine komplette Station für 10 GHz aufgebaut haben.
Nils Koch, DG2MIM, betrat mit seinem Vortrag GHz-Neuland, denn mit dem Begriff "Substrat-integrierte Wellenleiter" (SIW) konnten wohl die Wenigsten der Teilnehmer etwas anfangen. SIW sind mittels Durchkontaktierungen und kupferbeschichteten höchstfrequenztauglichen (Leiterplatten-)Substrat nachgebildete Hohlleiterstrukturen, um eine Leistungsübertragung von Hochfrequenzschaltungsteilen verlustarm und zugleich einfach zu ermöglichen. SIW-Strukturen eignen sich besonders für Betriebsfrequenzen jenseits der 10 GHz bis 200 GHz. Neben der reinen Leistungsübertragung können SIW-Strukturen auch für den Aufbau von Filter- und Skelettschlitz-Antennen benutzt werden, wie Nils an einigen Beispielen zeigte.
Für den Betrieb über den geostationären Satelliten "Es'hail-2" wird für den Up-Link auf 2,4 GHz eine Antenne mit rechtsdrehender Zirkularpolarisation benötigt. Dafür bieten sich eine Reihe von Lösungen an: z. B. Kreuzdipol, Patch-Antenne, Hornstrahler und Helix-Antenne. Bei allen diesen Antennen - mit Ausnahme der Helix - muss durch geeignete Maßnahmen die Zirkularpolarisation "erzwungen" werden. Wie das geschieht, zeigte Peter-Jürgen Gödecke, DJ7GP, in seinem Vortrag, sowohl was die Mechanik betrifft, als auch die Messung der rechtsdrehenden Polarisation. Für den Down-Link auf 10 GHz ist sicher ein Hornstrahler oder LNB vor einem Spiegel die beste Lösung. Auch der Wechsel der linearen Polarisation von horizontal auf vertikal ist dabei einfach zu bewerkstelligen.
Kjeld Bülow Thomsen, OZ1FF, ein europaweit bekannter GHz-DXer (u. a. EME auf 24 GHz), zeigte in seinem PowerPoint-Vortrag, wie eine "moderne" GHz-Station zu konzipieren und aufzubauen ist, um bei Contesten wettbewerbsfähig zu sein. Er wies insbesondere darauf hin, dass im Gegensatz zu früheren Entwicklungen nicht mehr mühsam die einzelnen Baugruppen zusammengelötet werden, sondern dass käufliche Fertig-Module von den verschiedenen Anbietern eingesetzt werden, da das beste technische Parameter garantiert und außerdem viel wirtschaftlicher ist.
Volker Janzen, DL1ZB, ist der Erbauer der SHF-Bake DB0MOT auf dem Kleinen Feldberg im Taunus, die auf allen GHz-Bändern von 1296 MHz bis 76 GHz qrv ist (auf 47 und 76 GHz z. Zt. noch im Test-Aufbau). Volker schilderte die zahlreichen Probleme, die ein solches Projekt mit sich bringt. Angefangen von dem beschränkten Platz für die diversen Antennen, die technisch anspruchsvolle Realisierung (wie Genauigkeit der Ausgabe-Frequenzen) bis hin zur Absicherung gegen "alpine" Wetterlagen, sind eine Herausforderung, die man am Beginn eines solchen anspruchsvollen Projektes nicht annähernd vorhersagen kann. Beeindruckend konnte Volker demonstrieren, wie er diese Probleme gelöst hat und noch löst.
Roland Becker, DK4RC, stellte im ersten Teil seines Vortrages sein Konzept vor, das er für den Aufbau seiner neuen Portabelstationen von 24 GHz bis 122 GHz - also für fünf GHz-Bänder - verwendet hat, wobei er mit nur einem Spiegel und einem Stativ auskommt. Dazu war es nötig, fünf gleiche Gehäuse zu bauen, sowie einen Führungsrahmen, an welchem der Spiegel befestigt ist und eine Vorrichtung zur Aufnahme der verschiedenen Transverter. Für den Bandwechsel wird der jeweilige Transverter einfach in das Gehäuse geschoben, wo alle Anschlüsse für die Versorgungsspannung und immer der gleiche Hohlleiter für die Aufnahme des Spiegels bereits vorhanden sind. Ein durchdachtes Konzept, was zu einer deutlichen Reduzierung des Aufwandes für den Portable-Einsatz führt. Im zweiten Teil des Vortrages berichtete Roland in seiner unnachahmlich heiteren Art von den, Mikrowellenaktivitäten, die Henning Rech, DF9IC, im baltischen Raum im Sommer 2016 organisiert hat, wobei seine neu aufgebaute Portablestation erfolgreich zum Einsatz kam.
Rudi Reese, DK8QU, letzter Vortragender, referierte über den Aufbau einer 47 GHz-Station mit dem Schwerpunkt des Einsatzes eines Hohlleiterschalters. Bedingt durch den Umstand, dass man von der Firma Kuhne electronic GmbH sowohl ein Transverter-Modul als auch eine 1 Watt-PA für 47 GHz erwerben kann, ist der HF-seitige Aufbau relativ einfach. Dagegen benötigt der Aufbau eines Hohlleiterschalters mechanischen Aufwand. Um diesen so gering wie möglich zu halten, entwickelte Rudi ein neues Konzept für den Aufbau des Hohlleiterschalters, das er in seinem Vortrag ausführlich behandelte.
Eine Kopie der Videoaufzeichnungen aller Vorträge sind bei Ralf Benninghoff, DG6EA, (versand@ghz-tagung.de) anzufordern. Der aktuelle Tagungsband ist noch erhältlich, weitere Details bitte unter dem Punkt "Tagungsbände" nachlesen.
Peter Hörig, DL4BBUletzte Aktualisierung: 20.03.2017